Membrandruckgefäß/Ausdehnungsgefäß für Brunnen berechnen und Einschalt- & Ausschaltdruck festlegen

Wir haben einen Brunnen an unserem Haus für Gartenwasser und eine Beregnungsanlage in Betrieb genommen. Die Bohrung haben wir machen lassen und die Verrohrung etc selbst erledigt.
Zur Auslegung der Pumpe, Verkabelung, Rohren, Fittingen usw finden sich viele Informationen im Netz. Aber wie groß muss man das Membrandruckgefäß auslegen? – Im Netz finden sich Rechnungen für Heizungen, die aber nicht übertragbar sind. Manchmal gibt es auch eine nicht nachvollziehbare Formel. Keine Ahnung, warum manche Brunnenbauer um das Thema ein Geheimnis zu machen scheinen.
Also habe ich einfach mal mit dem Boyle Mariotte’schen Gasgesetz selbst gerechnet und mir hoffentlich ausreichend Mühe gegeben, die Rechnung für physikalisch Unverliebte verständlich aufzuschreiben.
Das Ergebnis stimmt gut mit der Realität der Anlage überein.

Wozu ein Membrandruckgefäß?
Ein Membrandruckgefäß ist notwendig, damit die Pumpe bei kleineren Entnahmen oder dauernden Entnahmen mit kleinem Fluss nicht dauern an und wieder ausgeht. Ohne Ausdehnungsgefäß springt der Druck in der Anlage sehr schnell zwischen Einschalt- und Abschaltdruck hin und her, wenn man den Wasserhahn nur ein wenig öffnet. Wie ein solches Membrangefäß prinzipiell funktioniert, kann man auf Wikipedia nachlesen: klick

Das Limit setzt die Pumpe:
In den Datenblättern der Tiefbrunnenpumpen finden sich Angaben darüber, wieviele Starts pro Stunde zulässig sind. Der Hintergrund ist, dass die Pumpen einen hohen Einschaltstrom haben. 500% der nominalen Leistung sind in der Anlaufphase durchaus normal. Wenn man die Pumpe dauernd an und wieder abschaltet, dann überhitzt der Pumpenmotor und geht kaputt.

Einschalt- und Ausschaltdruck:
Über einen mechanischen oder elektronischen Druckschalter legt man fest, welchen Einschalt- und welchen Ausschaltdruck man verwenden möchte. Dabei darf man den Ausschaltdruck nicht zu hoch wählen. Die Pumpe muss bei minimalem Wasserstand den maximalen Druck noch mit nötigem Mindestfluss (steht auch im Datenblatt) erreichen können. Ansonsten schaltet die Pumpe nie oder sehr spät ab und arbeitet ohne relevanten Wasserfluss. Dadurch wird sinnlos Strom verbraucht und die Pumpe könnte überhitzen.
Praktisch heißt das: Pumpentiefe = niedrigster Wasserstand.
Pumpentiefe geteilt durch 10 + gewünschter Abschaltdruck = Arbeitspunkt der Pumpe bei Abschaltdruck.
Bei diesem Druck im Datenblatt nachsehen, ob die Förderleistung deutlich über dem Mindestfluss (Mindestförderleistung) liegt. Besser den Druck 0,5 bar zu niedrig ansetzen, um auf der sicheren Seite zu sein. Bei uns beträgt der Ausschaltdruck 3.2 bar.
Den Einschaltdruck muss man möglichst niedrig ansetzen. Je niedriger der Einchaltdruck, desto besser kann man das Membrandruckgefäß ausnutzen. Auf der anderen Seite muss der Einschaltdruck auch ausreichen, um Wasserhähne im Garten oder eine eventuell vorhandene Beregnungsanlage sinnvoll zu versorgen. Der Ausschaltdruck ist bei uns auf 2 bar eingestellt.
Generell sollte man die Pumpe so dimensionieren, dass man im Bereich zwischen Einschalt- und Ausschaltdruck die gewünschte Förderleistung erreicht.

Membrandruckgefäß dimensionieren:
In dem Gefäß stellt sich ein Gleichgewicht zwischen Gasdruck und Wasserdruck ein. Um das Volumen des Gases zu berechnen, langt die einfachste Variante. Wir nehmen ein ideales Gas an uns verwenden das Boyle-Mariotte’sche Gasgesetz: p*V=konstant (p=Druck, V=Volumen). Wichtig ist es, den Gasdruck im Membrandruckgefäß im Leerzustand auf den Einschaltdruck einzustellen. Bei uns also 2.0 bar. Man kann auch 0.1-0.2 bar darunter gehen. Diesen Druck sollte man auch regelmäßig kontrollieren. Ein zu hoher wie auch ein zu niedriger Druck vermindert die Effizienz des Gefäßes. Bei zu geringem Druck wird die Membran auch mehr als nötig belastet. Am besten nimmt man ein Gefäß mit eingebautem Manometer. Dann kann man die Anlage kurz wasserseitig drucklos machen und den Gasdruck ablesen.
Wird nun in unserem Beispiel Wasser mit 4 bar auf das Membrandruckgefäß gegeben, so drückt sich Wasser in das Gefäß. Dadurch wird das Gas zusammengedrückt und der Druck erhöht sich, bis er auch 4 bar beträgt. Nach p*V=konstant, schrumpft das Gasvolumen also bei einem Druckanstieg von 2 bar auf 4 bar um die Hälfte (Druck verdoppelt sich, Volumen halbiert sich). Dementsprechend ist nun die andere Hälfte des Gefäßes mit Wasser gefüllt.
Um das Gefäß zu dimensionieren, braucht man nun noch den zu erwartenden Wasserfluss. Dazu kann man konservativ den maximalen Fluss eingeben, den man im Pumpendatenblatt zwischen Einschalt- und Ausschaltdruck findet („schlimmster Fall“, Pumpentiefe / 10 zum Druck dazurechnen). Genauer wird die Rechnung, wenn man den durchschnittlichen Fluss zwischen Einschalt- und Ausschaltdruck aus dem Wasserhahn kennt. Bei unserer Pumpe müssen wir mit bis zu 3000 Liter pro Stunde rechnen.
Unsere Pumpe darf laut Datenblatt bis zu 100 Mal pro Stunde eingeschaltet werden; d.h. zwischen Ausschalten und Einschalten müssen 36 Sekunden liegen. Das ist eine konservative Annahme, da wir dabei die Zeit zum Aufladen des Membrandruckgefäßes auf den Abschaltdruck ignorieren.  Das Membrandruckgefäß muss also bei einem Fluss von 3000 Liter pro Stunde für 36 Sekunden Wasser enthalten. Das ergibt 30 Liter Wasser.
Nach p*V=konstant, haben wir bei voreingestellten Gasdruck von 2.0bar beim Abschaltdruck von 3.2 bar einen Wasseranteil von 37,5% im Gefäß. Somit ergibt sich ein Volumen für das Membrandruckgefäß von 80l. Da die Membran selbst auch ein Volumen hat und nicht in jeden Winkel des Gefäßes kriechen kann, kann man gut 5% dazu rechnen.
Wenn man die Förderleistung als maximalen Fluss angesetzt hat, kann man weiterhin annehmen, dass das Gefäß ungefähr in der selben Zeit wieder befüllt wird, wie es entleert wurde. Unter diesen Annahmen könnte man das Gefäß auch nur halb so groß auslegen (zeitlicher Abstand zweier Starts = Zeit für Entleerung + Zeit zum Wiederbefüllen).

Experimentelle Prüfung:
Ich habe ein 100l Gefäß gekauft. Geht man von 5% Volumen für die Membran aus, ergibt sich wie oben berechnet für ein Wasservolumen von 37,5% (3,2 –> 2,0 bar) ein Wasserinhalt von 35,6 Liter.

Praktischer Test:
– Wasserhahn auf, bis die Pumpe anspringt (2,0 bar).
– Wasserhahn zu, bis die Pumpe ausgeht (3,2 bar).
– Mehrere Wassereimer bis zur 10 Liter Markierung füllen, bis die Pumpe anspringt.

Ergebnis: Bei ca. 33 Liter springt die Pumpe an. Im Rahmen der Genauigkeiten bestätigt das die Rechnung.

Wer keine Lust hat, alles selber nachzutippen, nimmt einfach diese Excel Tabelle: Membrangefaess Berechnung
Dabei wird die Zeit zur Wiederbefüllung des Gefäßes nicht in die Rechnung mit einbezogen.

Excel_Membrandruckgefaess

Viel Erfolg!

12 Gedanken zu „Membrandruckgefäß/Ausdehnungsgefäß für Brunnen berechnen und Einschalt- & Ausschaltdruck festlegen

  1. Gregor

    Schön erklärt.
    Wichtig wäre aber vielleicht zu erwähnen, dass das Boyle-Mariottesche Gesetz für absolute Drücke gilt. Was normalerweise gemessen wird ist der Überdruck. Da allseits der Luftdruck (zusätzlich) wirkt, ist also jeweils auf den Druck vom Manometer noch 1 bar hinzuzurechnen.

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  2. Ali

    Genau, was ich gesucht habe – tausend Dank. Wenn ich das richtig verstehe, dann bestätigt der praktische Test am Ende des Blogs die Frage, wie viel Wasser das Ausdehnungsgefäß aufnimmt und wieder abgibt. Ich vermute, dass ein weiterer praktischer Test darin bestünde, ob die Taktung der Pumpe tatsächlich bei oder oberhalb der 36 Sekunden liegt? Das scheint mir nicht zwingend dasselbe zu sein, da nur hier die genannten 3.000 Liter Wasserfluss zum Tragen kommen.

    Ich selbst habe mich statt für einen Druckschalter für eine Inverter Pumpensteuerung entschieden. Das ist im Prinzip wie eine Art Dimmer für Lampen – nur eben hier für Pumpen. Während der Druckschalter ähnlich einem Lichtschalter die Pumpe nur Ein- oder Ausschalten kann, ist der Inverter in der Lage die Pumpenleistung passend zu regulieren. Das ist natürlich viel effizienter und spart viel Strom. Ein Ausdehnungsgefäß braucht man aber zwingend trotzdem. Leider habe ich noch nicht sicher herausgefunden, wie der Vordruck hier zu wählen ist. Meine Pumpe schafft 7,8 bar statischen Druck (laut Manometer). Ich werde mal versuchen, den Zieldruck auf 5,0 bar einzustellen und den Vordruck des Ausdehnungsgefäßes auf die laut Hersteller maximal zulässigen 3,5 bar zu bringen. Ich hoffe, das passt bzw. werde es testen.

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    1. Rudi

      Hallo Ali,
      was ist deine Erfahrung zu Inverter-Pumpensteuerung und Größe vom Ausdehnungsgefäß?
      Vom Verkäufer der Steuerung wird empfohlen, mind 8 Liter Ausdehnungsgefäß zu nehmen.
      Für mehr habe ich auch nicht Platz in meinem Brunnenschacht.

      Wird das bei mir reichen?
      Ich weiß nicht, wie ich meine maximalen Fluss bestimmen kann.
      Ich habe einen Tiefbrunnenpumpe (IBO 3Ti27, hängt z.Zt. bei 35m Tiefe) und will damit meinen Garten bewässern: Perlschlauch für Tomaten, Tropfschlauch für Blumen, Rasensprenger.

      Für Erfahrungen wäre ich dankbar.

      Gruß

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  3. Juergen

    Sehr nützlicher Artikel – auch wenn ich beim Lesen leider festgestellt habe, dass ich von meiner Gartenpumpe genau KEINE technischen Daten kenne oder irgendwelche Unterlagen besitze 🙁

    Mit ist ein Fehler aufgefallen, Du schreibst: „Bei uns beträgt der Ausschaltdruck 3.2 bar. […] Der Ausschaltdruck ist bei uns auf 2 bar eingestellt.“ Im zweiten Satz soll es sicher „Einschaltduck“ heißen, oder?

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  4. Karin

    Hallo,
    danke für die Erläuterung! Ich bin mir nicht sicher ob ich die korrekten Werte in die Excel-Tabelle eingetragen habe, kann folgende Berechnung stimmen?:
    Meine Pumpe schaltet bei 2,2bar ein und bei 4,2bar aus. Ich möchte damit u.a. eine Osmoseanlage betreiben, die 3 bar Mindestdruck benötigt. Die Osmosanlage erzeugt 10-15l Osmosewasser pro Stunde und benötigt dafür insgesamt ca. 60l Wasser. Die Pumpe darf bis zu 20mal pro h anspringen.
    Das sind die Werte die ich in der Tabelle benötige, korrekt?
    Abschaltdruck 4,2bar, Einschaltdruck 2,2bar, max. Fluss 60l, max. Pumpenstarts 20 (würde ich zur Sicherheit auf 10 setzen). Dann bräuchte ich ein Gefäßvolumen von 13,3l. Korrekt? Macht es Sinn das noch größer zu wählen, damit die Pumpe seltener startet?
    Du schreibst auch: „Wichtig ist es, den Gasdruck im Membrandruckgefäß im Leerzustand auf den Einschaltdruck einzustellen.“ D.h. das Gefäß bräuchte 2,2bar im Leerzustand? Obwohl die Osmoseanlage 3 bar benötigt?
    Sorry dass ich dich damit belästige, aber weder Pumpen-, noch Membrangefäßhersteller antworten auf meine Anfragen. Danke!

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    1. ST Beitragsautor

      Hallo, leider komme ich erst jetzt (Ferien) dazu, das Ganze zu durchdenken. Vorneweg: Mit Osmoseanlagen habe ich mich nie beschäftigt. Wenn die Osmoseanlage einen Mindestdruck von 3 Bar benötigt, finde ich es fragwürdig eine Pumpe mit einem Einschaltdruck von 2,2 Bar zu nehmen. Der Druck in der Anlage wird dann bis auf 2,2 Bar absinken, bevor die Pumpe anspringt. Ich gehe weiterhin davon aus, dass es sich wohl um eine Anlage für die Wasserversorgung in einem Haus handelt. Kannst Du sicher davon ausgehen, dass der Wasserbedarf in der intendierten Anwendung 60 Liter pro Stunde nicht überschreitet (Dusche?).
      Wenn wir jetzt mal davon ausgehen, dass die 60l/h und die Drücke korrekt sind, dann langt ein Ausgleichsgefäß mit 13,3l. Wenn Du das Gefäß etwas größer auslegst, dann wird die Pumpe seltener gestartet.
      Zu dem Thema Gasdruck im Gefäß: Sinnvoll ist ein Gasdruck etwas unterhalb des Einschaltdrucks der Pumpe. Ich würde 0,2 Bar niedriger gehen. Wichtig ist der Einschaltdruck der Pumpe – nicht der Mindestdruck der Osmoseanlage. Gedankenexperiment: Wenn das Gefäß nur wenig Gasdruck enthält, dann wird die Gummimembran bis zum 2.2Bar Mindestdruck deutlich gedehnt. Das Gasvolumen muss sehr stark zusammengedrückt werden, um 2,2 Bar zu erreichen (die Drücke gleichen sich an). Bis zum Maximaldruck wird das Gasvolumen noch kleiner. Der Dehnungsbereich bis 2,2 Bar wird also nie genutzt, das Membrandruckgefäß verhält sich im Prinzip wie ein kleineres Gefäß und die Membran wird höher beansprucht.

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